Das stille Licht an des Trolls Seite
13. Oktober 2022

„Wieso widerspricht du mir denn nicht?“ Ertönten laut rufend die verzweifelten Worte des kleinen Trolls mitten durch die stille Nacht. „Stimme. Stimme, wo bist du? Ich brauche dich Stimme. Verdammt. Du musst mir doch widersprechen. Komm doch endlich und sag was.“ Das Rufen verstummt in erstickendem Schluchzen und der kleine Troll kämpft bitterlich mit seinen Tränen. Er wollte nicht weinen, doch dicke Tränen laufen ihm unaufhaltsam über seine trockenen Wangen. Alles ist so schwer. Sein Arme, seine Beine, sein Körper. Als würden die schweren Gedanken, die ihm im Kopf herumkreisen, wie die herabstürzenden Mauern seines Schutzwalls auf ihn einbrechen. Einzubrechen scheint gerade alles um ihn herum und er hat keine Idee, wie er weder den immer weiter bröckenden Wall seiner Gedanken, noch die sich immer breiter aufstellende Wahrheit über sein kleines Leben noch aufrecht erhalten konnte. „Stimme, hilf mir doch bitte.“ Setzt der kleine Troll leise schniefend und kaum hörbar noch ein mal an. „Hole mich hier bitte raus Stimme. Raus aus diesen elenden Trümmerhaufen.“

In sich zusammengesackt liegt der kleine Troll völlig erschöpft und verheult auf dem staubigen und kalten Höhlenboden. Die Knie mit beiden Armen fest umschlungen wirkt er genau so winzig klein, wie er sich gerade fühlt. Die Stimme antwortet einfach nicht und der kleine Troll fühlt sich so einsam und verlassen wie nie zuvor. Wenn alle anderen ihn verlassen haben, wenn ihm keiner mehr zuhört oder an ihn glaubt, dann war sie doch immer da. Sie wusste immer Rat und hat solange auf ihn eingeredet, mit ihm geschimpft und gemeckert, bis sie ihn schließlich von seiner närrischen Art abbringen konnte oder ihm einen überlegenen Weg plausibel machen konnte. Er hat sie doch immer verstanden, auch wenn er sie nicht selten für ihre Worte verflucht hat. Insgeheim weiß er, dass sie oft die Schlauere von beiden ist und er nur in seinem verträumten Muster verharren will, weil alles andere ihm zu schwer erscheint.

„Stimme“, flüsterte er ein letztes Mal, bevor die Müdigkeit ihn in seiner Erschöpfung übermannt und er an Ort und Stelle, zwischen Steinen und vergilbten Blättern in einen tiefen, jedoch unruhigen Schlaf fällt.

‚Ich werde schweigen‘, denkt die Stimme leise bei sich. Was sollte sie auch sagen? Normalerweise ist sie immer anderer Meinung wie der kleine Troll. Nur selten sind sie sich einig und jeder Einigung geht nicht selten ein lautes Wortgefächt voraus, bis sie sich schließlich einig werden oder alles Gesagte einfach im Raum stehen lassen, um einfach zur Tagesordnung überzugehen. Doch dieses Mal? Die Stimme kann dem kleinen Troll nicht widersprechen. Sie kann ihm nicht sagen, dass er falsch liegt und sie weiß nicht die richtigen Worte, die ihm seinen Schmerz nehmen könnten. Deshalb schwieg sie. Sie weiß, dass der kleine Troll jetzt sehr stark sein musst. Das er sich einem Kampf gegenüber sieht, der ihm alles abverlangen wird und den er jetzt alleine kämpfen musste. Sie konnte ihm nur unterstützend beistehen. Für ihn da sein ja. Seine Wunden versorgen würde sie sicher auch können, doch widersprechen konnte die ihm dieses Mal nicht. So gern sie das auch tun würde.

Die Stimme kniet sich neben den schlafenden kleinen Troll, dessen Atmung vom Weinen noch immer nicht in ihren gleichmäßigen Rhythmus zurück gefunden hat. Er liegt noch immer am Boden. So lieb. So treuherzig. ‚Wie ein unschuldiges, kleines Kind ‚, denkt die Stimme und rückt noch ein bisschen näher an ihren treuen Weggefährten heran. „Ich werde dir beistehen kleiner Troll. Du bist nicht alleine. Zusamnen werden wir das schon schaffen!“ Ihre Stimme klingt dabei so sanft und leise wie selten, während sie ihrem Freund kaum spürbar über die zerzausten Haare streichelt. „Ich werde dich nie verlassen kleiner Troll, auch wenn ich manchmal schweige, so werde ich doch immer an deiner Seite sein.“ Mit diesen Worten lehnt sie sich an ihren besten Freund und hält ihn fest in ihren Armen, bevor auch sie einschläft.

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